Product Invention

mit Simon Sparber

All about Product Invention

Instagram Livetalk mit Simon Sparber

Zur sechsten Ausgabe der Afzack-Instagram-Livetalks All about... begrüßten wir Simon Sparber. Mit dem von ihm gegründeten Unternehmen Angles90 vertreibt er mit großem Erfolg den ersten dynamischen Trainingsgriff weltweit. Im Gespräch mit Afzack spricht er über seine Ausbildung, den Weg ins Unternehmertum, moderne Arbeitsweisen und Vor- sowie Nachteile der Selbstständigkeit. 

 

Wie entwickelt sich der junge Simon zum Unternehmer?
Meine erste Praktikumserfahrung war in der vierten Oberschule der Handelsschule. Leider wurde ich in einen Keller gesteckt und musste den ganzen Tag Dokumente schreddern. Das war sozusagen mein turning point, nach welchem ich beschloss, auf jeden Fall studieren gehen zu wollen, um so einen Job nicht mein ganzes Leben machen zu müssen. Nach drei Jahren BWL in Bozen und einem Jahr Praktika, absolvierte ich meinen Master in Entrepreneurship in München. In dieser Zeit konnte ich zahlreiche Erfahrungen sammeln und verbachte u.a. ein Jahr in Lugano, um mein Italienisch aufzubessern. Dazu gesellte sich noch ein Auslandssemester an der Mailänder Bocconi.
Bis zur vierten Oberschule hätte ich theoretisch auch eine Tischler- oder Handwerkerlehre nicht ausgeschlossen. Nach dieser Schulstufe war mir aber ziemlich klar, dass ich studieren wollte, dachte dabei aber noch nicht konkret ans Unternehmertum. Grundsätzlich wollte ich die Basis für einen ordentlichen Job schaffen. Die Frage, ob Selbständigkeit eine Alternative wäre oder ich ins typische 9-5 Raster wollte, fing ich mir während meiner Unizeit an zu stellen. Ich konnte lehrreiche Erfahrungen bei verschiedenen Praktika sammeln und erlebte in großen Firmen Dinge, die ich in meiner Arbeitskarriere nicht haben wollte. Während dieser Zeit schrieb ich ca. 70-80 Ideen auf, hatte aber nie die Motivation etwas konkret umzusetzen.
Im September 2016 entwickelte ich dann die Idee zu den Trainingsgriffen. Dieses Mal war ich zur richtigen Zeit am richtigen Ort und stufte mein Konzept als nicht zu riskant ein. Stark beeinflusst wurde ich von vielen Büchern, welche ich außerhalb der Uni gelesen habe und Praktika, die mir zeigten, was ich wollte und was ich eben nicht haben wollte. Ich habe bspw. in einer großen Firma in München mit 80 Menschen in einem Büro gearbeitet und fühlte mich in diesem Setting eher als Marionette. Auch bei einem späteren Praktika fehlte das Feeling und mit der Zeit wurde mir klar, dass ich selbst ein Unternehmen gründen wollte. Grundsätzlich wurde mir bewusst und diesen Gedanken will ich auch weitergeben, dass man nie wieder so wenig zu verlieren hat wie während der Unizeit.

Wie reagierte dein Umfeld und deine Eltern?

Vielleicht vorab noch ein paar Worte zur Idee. Den Anfang machte der Griff eines alten Skistocks, dessen ergonomische Form mir von Anfang an imponierte. Ich befestigte ein Band und brachte meine neue Konstruktion an einer Klimmzugstange an. Sofort fiel mir auf, dass ich beim Trainieren jetzt nicht mehr auf einen statischen Griff angewiesen war, sprich mein Training gelenkfreundlicher und effektiver gestalten konnte, da sich meine Erfindung den Trainierenden anpasst und nicht wie bisher die Trainierenden an eine Maschine.
Zeitlich spielte sich das Ganze während meines letzten Auslandssemesters ab und meine Eltern waren gar nicht so abgeneigt, da ich ja nebenbei noch studierte und meine ,,Pflichten‘‘ erfüllte. Während dieses Semesters betrieb ich fortlaufend Produktentwicklung, lies den Prototypen patentieren und erhielt eine Landesförderung. Nach dem Studium hätte ich meinen Eltern demnach schon etwas vorweisen können. Laut meinem Plan sollte ich nach dem Studium ca. ein halbes Jahr benötigen, um mein erstes Geld zu verdienen. Natürlich gab es Spannungsfelder, da es für meine Eltern sehr ungewöhnlich war mich vom Bett aus arbeiten zu sehen. Ich glaube hierbei besteht ein riesen Kontrast zwischen den Generationen und der Art und Weise wie man sich Arbeit vorstellt.   

Wie war der Prozess vom Geistblitz bis zum fertigen Projekt?
Die meisten Menschen mit einer coolen Idee machen den Fehler, dass sie diese nicht testen. Das heißt viele hören sich nicht gut genug um, ob die Idee wirklich zu einem Produkt werden kann, welches die Leute kaufen wollen. Oft wird ein zu kurzer Umweg gemacht und einfach Familie und Freunde befragt, welche meistens jedoch kein komplett ehrliches und nützliches Feedback geben.  
Wenn es um eine Idee geht, sollte man diese immer bei der potenziellen Zielgruppe testen. Ich suchte damals eine 3D-Designer und lies, nach zahlreichen Besprechungen mit Ärzten, 70 unterschiedliche Prototypen in Bananenform produzieren. Mit diesen ging ich immer wieder in Fitnessstudios und holte Feedback von meinen potentiellen Kunden ein. Irgendwann war ein Produkt entstanden, mit dem ich in die Massenproduktion gehen und welches ich patentieren lassen wollte.
Der ganze Prozess hat ungefähr sieben Monate gedauert. Bei einer Firma in Gargazon wollte ich mir 2-300 Stück meiner Erfindung im 3D-Drucker produzieren lassen. Der Preis war astronomisch unattraktiv, was mir in diesem Moment jedoch egal war, da ich nur über verschiedene Kanäle (Amazon, Fitness-Onlineshop) checken wollte, ob es Interessenten geben würde. Schnell erkannte ich, dass mir Menschen Geld für mein Produkt geben wollten und ich einen Mehrwert für sie schaffte. Durch diese Erkenntnis war mir auch egal, dass ich nur auf Null ausgegangen war und mit meinen ersten Verkäufen keinen Gewinn erzielt hatte.  
Der nächste Schritt war die Massenproduktion. Hierbei wurde ich wieder vom Land Südtirol finanziell unterstützt und besorgte ein Werkzeug, welches meine Erfindung produzieren konnte. Nach ungefähr 150 Anläufen fand ich in Venetien meinen Produzenten. Ein halbes Jahr später hatte ich dann meinen ersten Griff in der Hand.

Wie funktioniert das Patentieren?
Ein Patent ist wichtig, aber bei weitem nicht so wichtig wie sich viele denken. Mittlerweile existieren zwei asiatische Firmen, die unseren Griff fast 1:1 nachgemacht haben. Das ist ein großes Missverständnis, welches existiert. Ein Patent stellt nur das Recht dar, jemand zu verklagen. Das andere Missverständnis ist, dass es viel billiger ist, als die meisten glauben. Das kleine Patent, das Designpatent, schützt die Form des Produkts und kostet für 10 Jahre in Europa 500-1000 €. Wenn man diese Gelder nicht ausgeben will, ist man meiner Meinung nach von der Idee zu wenig überzeugt. Im Verhältnis dazu kostet ein richtiges Patent, wie ein neues Arzneimittel, ungefähr 50.000€.

 

Wie ist Angles90 aufgebaut?
Die ersten 1,5 Jahre war ich allein, dann stieß für ein Jahr ein Freund und daraufhin ein Praktikant hinzu. Im letzten Sommer wurde das Team umgekrempelt und mein ehemaliger Bachelorfreund Leander kam dazu. Er kümmert sich um alle Zahlen, sprich Finanzen, Produktion, Administration und Logistik. Ich versuche das Produkt bestmöglich zu vertreiben und bin für das ganze Marketing zuständig. Dazu kommen immer wieder Praktikanten, welche bisher allesamt aus meinem Bekanntenkreis kommen. Das ist für mich ein sehr wichtiger Punkt, da ich glaube, dass ich so neuen MitarbeiterInnen schneller Wichtiges anvertrauen kann. Bis jetzt war diese Methode umsetzbar, natürlich wird das mit fortlaufendem Wachstum schwieriger. 

Wir retten niemandem das Leben, aber verbessern das Training tausender Athleten.

Welche Vor- und Nachteile hat die Selbstständigkeit?
Ein Vorteil ist, dass man sich alles selbst einteilen kann. Hier in Bali z.B. stehen wir auf, sobald wir eben aufwachen und es werden keine Wecker gestellt. Dann frühstücken wir, arbeiten ein paar Stunden, trainieren, essen zu Mittag und arbeiten dann wieder ein paar Stunden. Wir arbeiten nicht unbedingt mehr als Regeljobs, sondern ca. 40-45 Stunden, jedoch auf sechs Tage aufgeteilt. Samstags arbeite ich seit jeher jede Woche. Sonntag ist immer frei und das ist mir auch sehr wichtig, damit ich einen Tag pro Woche komplett abschalten kann.
Nachteile könnten für gewisse Menschen die große Verantwortung sein. Darüber hinaus hat man mit sehr vielen Personen zu tun und schiebt große Geldbeträge hin und her. Auch die Arbeit muss man sich selbst einteilen und dies könnte von manchen als Nachteil eingestuft werden.
Ein Nachteil, welcher wahrscheinlich bei vielen Selbstständigen auftritt ist, dass sie in den ersten ein bis zwei Jahren viel zu viel arbeiten. Man hat kein Geld für Angestellte und wüsste auch nicht wen man einstellen könnte. Diese Startphase ist sicher kein Zuckerschlecken.

 

Wie geht es in der Zukunft weiter?
Die Energie kommt bei mir ganz klar aus intrinsischer Motivation, sprich ich stelle mein Produkt unzähligen Menschen zur Verfügung und schaffe einen Mehrwert für sie. Dankbare Kundenvideos, die wir jeden Tag erhalten, spornen mich immer wieder an. Wir retten niemandem das Leben, aber verbessern das Training tausender Athleten.
Als nächstes großes Produkt soll ein Sensor in unseren Griff eingebaut werden, welcher aufzeigt, wie jemand wirklich trainiert und der handfeste Trainingsdaten liefern wird. Durch Corona wurde das Projekt momentan auf Eis gelegt, da wird mit unserem jetzigen Produkt so viel mehr zu tun hatten. Die Nachfrage hat sich ungefähr verdreifacht und das neue Produkt wurde erstmal hintenangestellt.
Ich persönlich würde sofort ein Leben als Geschäftsführer von Angles90 unterschreiben. Ich stehe zu hundert Prozent hinter der Vision, Krafttraining natürlicher zu gestalten. Auch an meinem Team erfreue ich mich jeden Tag und die Zusammenarbeit macht tagtäglich Spaß. Unser Ziel ist es, eine etablierte Marke aufzubauen und so erfolgreich zu werden, dass man überall weiß, was ein dynamischer Trainingsgriff ist. Wir wollen sozusagen der Tempogeber der Trainingsgriffe werden.

Das Team von Angles90 zum Interviewzeitpunkt. Von links: Leander, Stephan und Simon.